„Wir sitzen alle in einem Boot“ - Bootsbau als neues Handwerksfach

Teil 1:

Im ersten Lockdown 2020 reifte die Idee für ein zusätzliches handwerkliches Angebot im Werkunterricht. Die pädagogische Notwendigkeit im praktischen Tun und in der handwerklichen Herausforderung nach der/den ganzen Homeschooling-Phase(n), war und ist für mich als Handwerkslehrer das Gebot der Stunde. Zudem war es schon immer mein Traum, als gelernter Bootsbauer meine Erfahrungen in handwerklicher und pädagogischer Hinsicht zu teilen.

Mit Hilfe der Stiftung Bildung Berlin, die mit einer vierstelligen Summe das Projekt im Rahmen ihrer Förderung von handwerklichen Projekten an Kitas und Schulen unterstützt, können die Schülerinnen und Schüler der jetzigen achten Klasse in dieses anspruchsvolle Vorhaben starten.

Bis zum Stapellauf wird aber noch viel Wasser die Düssel runter fließen, wir stehen gerade erst am Anfang. Ein Kanu/Kanadier in Leistenbauweise soll in der umgeräumten Holzwerkstatt entstehen. Dafür musste erst das richtige Holz besorgt und daraus die Leisten gesägt und gehobelt werden. Einiges an speziellem Werkzeug fehlte auch.

Nun schreitet das Projekt von Woche zu Woche voran, bald wird die „Helling“ mit den „Mallen“ stehen - das Baugerüst - über welches dann „aufgeplankt“ werden kann. Hunderte Meter eigens profilierter Fichtenleisten warten schon darauf, dem Kanu seine Form zu geben. 


Teil 2:

Das Jahr 2021 ging mit dem Aufzeichnen und Aussägen der „Mallspanten“ (Bauform) und dem Dampfbiegen der Steven (vorderer und hinterer Abschluss des Kanus) zu Ende. Unsere „Dampfkammer“ für das Eschenholz bildeten Wasserkocher und Abwasserrohr - damit ging es auch! Faszinierend, wie leicht sich das sonst so zähe Eschenholz unter Wasserdampf in Form bringen ließ.

Die Steven konnten nach ihrer Trocknung über der gleichen Form verleimt werden und bilden jetzt ein Teil des Längsverbandes des Kanus.

Da nicht immer alle Schüler*innen der jeweiligen Handwerksgruppe zeitgleich am Kanu bauen können, wurde in der ersten Schulwoche des neuen Jahres angefangen, das individuelle Werkstück zum Bootsbau-Projekt zu fertigen: ein eigenes Stechpaddel. An dieser Aufgabe können die Jugendlichen immer selbstständig arbeiten, wenn sie gerade nicht zum Team der Bootsbauer*innen gehören. Die „Paddelrohlinge“ werden verleimt - schmale Leisten aus Eiche bilden einen tollen Kontrast zur hellen Kiefer. Das so aus mehreren Hölzern „lamellierte“ Paddel muss nun grob in Form gesägt und mit unterschiedlichen Handhobeln ausgehobelt werden, eine herausfordernde und durchaus anstrengende Arbeit.


Teil 3 (25.03.2022): 

Die „Helling“ mit den „Mallspanten“ (Baugerüst und Bauform) steht. Beim Ausrichten der „Mallen“ über der Mittschiffslinie war höchste Konzentration und Genauigkeit erforderlich, das anschließende „Fluchten“ mit einer Richtschnur bestätigte uns den einwandfreien Sitz der Spanten und damit die korrekte Form des späteren Kanus. Der Innensteven konnte nun auf der Bug- und Heckform fixiert und die ersten Schmiegen für eine einwandfreie „Sponung“ (Verbund der Planken/Leisten mit dem Steven/Kiel eines Bootes) angehobelt werden, eine durchaus kniffelige Aufgabe!

Der „Scheergang“ (oberer Abschluss der Bordwand, mittschiffs) hat schon zwei Leisten/Planken bekommen, jetzt wird bis zum Kiel aufgeplankt. Dabei werden die Leisten an den Mallspanten mit Tackerklammern vorübergehend fixiert und untereinander verleimt. Sobald man die nötigen Handgriffe geübt hat, geht dieser Arbeitschritt recht schnell.

Auch der Paddelbau geht gut voran. Nachdem die grobe Form mit der Sticksäge ausgesägt worden ist, mussten die Schüler*innen das Paddel-Blatt auf Dicke hobeln. Der Schaft wurde anschließend mit dem Schweifhobel auf der ganzen Länge gerundet, für den oberen Knauf finden die jungen Handwerker*innen individuelle Formen, die sich später gut ihren Händen anpassen sollen.

Bleiben Sie neugierig, an dieser Stelle informieren wir Sie über den Fortschritt des Projektes.

Johannes Vorberg

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